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Claus RichterClaus Richter - Mechanized Conveyor Cave (Yo-Ho)
Mechanized Conveyor Cave (Yo-Ho)
15.12.2006 bis 28.01.2007

Donnerstags 18 bis 21 Uhr und nach Vereinbarung
Am 28.12.2006 ist die Ausstellung geschlossen
Am 18.01.2007 um 19 Uhr findet ein Künstlergespräch mit Claus Richter statt

 

Das Ausstellungsprojekt rraum wurde im Juni 1995 in der Privatwohnung von Meike Behm und Peter Lütje in Frankfurt am Main gegründet. Die Motivation, Ausstellungen in der eigenen Wohnung zu veranstalten, bildet zum einen der pragmatische Gedanke, Kosten zu sparen. Weiterhin stehen wir darüber nicht ständig unter dem Druck, eine bestimmte Frequenz an Projekten einhalten zu müssen. In der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler spielt es bis heute eine wesentliche Rolle, keine Kompromisse einzugehen, das heißt, die Wohnsituation passt sich jeweils der Ausstellungssituation an, und nicht umgekehrt. Obwohl es uns wichtig ist, bedingt durch die intime Situation, Künstlerinnen und Künstler einzuladen, die uns persönlich sympathisch sind, geht es darüber hinaus im wesentlichen darum, zeitgenössische Inhalte einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen. Über die Vermittlung unterschiedlicher Themen- und Problemstellungen ist es möglich, der ‚Kunst-im-Wohnzimmer’ Atmosphäre entgegenzusteuern und eine Spannung zwischen Wohnsituation und Kunst zu erzeugen, denn beide Elemente gehen mal eine enge Beziehung zueinander ein, mal wird die Wohnung in einen neutralen „White Cube“ transformiert.

 

Claus Richter studierte freie Kunst an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main und war einer der Künstler des Kollektivs rraum02, das von 2001 bis 2002 im Atelier von Christoph Blum, Peter Lütje, Claus Richter und Haegue Yang in der Darmstädter Landstraße in Frankfurt am Main diverse Veranstaltungen und Ausstellungen realisierte, unter anderem im Rahmen der Manifesta 4, 2002. Im rraum02 lud Claus Richter Michael Hakimi, Markus Amm und Kerstin Stoll zu einer Ausstellung ein – damals alles Hamburger Künstler.

Claus Richter setzt sich in seinen jüngeren Arbeiten reflektierend mit der Bildwelt der Filmgenres Science Fiction und Fantasy auseinander. Ihn interessiert dabei weniger der Inhalt der Filme als die spezifische Gegenstandswelt mit der sie jeweils ausgestattet sind - ihr Design als Träger von Bedeutung und vor allem auch die Fankultur dieser Filme, die sich weltweit um sie strickt. Seine Arbeiten entwickelt er jedoch nicht in Anlehnung an ganz bestimmte Science Fiction oder Fantasy Filme oder etwa als virtuose Gestaltungen virtueller computergenerierter Filme oder animierter Objekte. Sein eigens für den aus Frankfurt am Main an die Elbe umgezogenen rraum produzierter Film „Mechanized Conveyor Cave“ (Fließband-Fertigungsanlage) basiert nicht auf einer direkten Aneignung eines Filmstoffs aus Hollywood. Protagonist ist die Figur des Piratenkapitäns Hook, Gegner der Figur des Peter Pan im gleichnamigen Film, 1953 von Walt Disney als Zeichentrickfilm produziert. Hierfür wurden von den Zeichnern nicht nur die Figuren visualisiert, sondern ebenso die „Jolly Rogers“, das Piratenschiff von Hook. In „Mechanized Conveyor Cave“ träumt Hook in seiner künstlichen Höhle davon, dass dieses Schiff gebaut wird. Studiert er zu Beginn in seiner Höhle eifrig und skeptisch die Baupläne, erweitert diese sich alsbald zu einer mechanischen Produktionsstätte. Hook schaut immer wieder mit selbstbewusstem Blick aus dem Bild, während hinter ihm die Roboter fleißig arbeiten und schließlich ein Piratenschiff fertigen. Reflektiert wird der mechanische Produktionsprozess am postfordistischen Fließband mit Roboter-Fertigungssystem, das jedoch der Phantasie des Piraten gehorcht, denn nach seinen Entwurfsideen wird gebaut. Schließlich erscheint das fertige Schiff und Hook sticht in See.

Thematischen Hintergrund für „Mechanized Conveyor Cave“ bilden ebenso Welten industrieller Produktion – beispielsweise diejenige der Hollywood-Filmindustrie – wie auch kreative Prozesse als solche. Das Material für den Film basiert ebenso direkt auf der Warner Brothers Movie World als auch auf Aufnahmen in einer Opel-Montagehalle in Rüsselsheim. Hingegen geht es nicht einseitig um eine sozialkritische Reflektion einer Entwertung menschlicher Arbeit seit der industriellen Revolution. Kreative Prozesse, die immer auch die Einrichtung von Fantasyparks in den USA hinterfangen – Claus Richter verbrachte einen Monat in Los Angeles und besuchte während dieses Aufenthaltes zahlreiche dieser Parks – werden auf ebenso enthusiastische wie kritisch-ironische Weise beleuchtet. Der Konstruktionscharakter subjektiver Wirklichkeiten und individueller Identität wird hinterfragt, indem die Grenzen zwischen Fiktion und Realität changieren. Gleichzeitig wird die wirklichkeitsstiftende Kraft der Phantasie, der Erzählung und diejenige von Bildern und Modellen erlebbar.   Meike Behm

 

Wir danken dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden und dem Amt für Wissenschaft und Kunst, Frankfurt am Main für die freundliche Unterstützung.